Dienstag, 15. November 2011

vom UNSINN "Zeitgeist" - Teil 7

Parforceritt durch den Rest der antiken Götterwelt



Nach den vier namentlich genannten und weiter ausgeführten Gottheiten, die alle dem Horus-Schema nachgebildet sein sollen, folgt eine Beschleunigung der Faktenvermittlung, die jegliches Mitdenken unmöglich macht. In gerade mal 8 Sekunden, rauschen die Namen von scheinbar wahllos zusammengeklaubten, wenn ich richtig gezählt habe, 36 Gottheiten am heillos überforderten Zuschauer vorbei. Gerade mal ein bisschen mehr als eine halbe Sekunde bleibt da übrig, um zu lesen, einzuordnen und zu verstehen. Man hat es schon weit vorher geahnt, aber hier wird es Gewissheit: Dies dient einzig und allein, um einen Informations-Overkill zu erzeugen.   
Der Zuschauer soll nicht mitdenken, am allerwenigsten kritisch.

Das gewünschte Ergebnis soll in etwa sein: „Wow! Wenn so viele Götter nach demselben Strickmuster „entworfen“ sind, dann ist es bestimmt Jesus auch. Von dem weiß man ja all dies.“ Was so veranstaltet wird, ist Manipulation in Reinkultur, pure Propaganda. So „vorbereitet“ wird der Zuschauer endlich, endlich mit dem Jesusbild der Autoren „beglückt. Und das beginnt wieder mit einem Stakkato...



Es gibt genügend Argumente gegen das Christentum und die Kirchen, die zutreffen und schwer wiegen, allein schon die Kirchengeschichte! Warum also Pseudo-Argumente und falsche Tatsachen behaupten? Nur um zu erreichen, was eine fundierte Religionskritik allemal kann?
In diesem Sinn möchte ich auch meine Kritik am Jesusbild des Films sehen. Was ich sage fußt nach bestem Wissen und Gewissen auf dem, was die historisch-kritische Wissenschaft in den letzten 200 Jahren zum Faktengehalt der biblischen Überlieferung zusammengetragen hat. Eine grundlegende Unterscheidung, die man dabei treffen muss ist die zwischen dem Jesus von Nazareth, der seinerzeit in Galiläa lebte, und dem Jesus Christus, den die Kirche im Lauf der Jahrhunderte aus ihm machte.

Ja, ich gehe wie alle wirklich ernst zu nehmenden Historiker davon aus, dass Jesus tatsächlich gelebt hat. Die Zeitspanne von seinem Tod bis zu den ersten schriftlichen Quellen ist einfach zu kurz, dass er von irgendwem frei erfunden hätte werden können. Wozu auch? Wanderprediger, wie er einer war, gab es zuhauf. Auch solche die Jünger um sich scharten und angeblich Wunder taten, auch solche die ein gewaltsames Ende fanden.



Die Daten des Lebens Jesu


Was der Film in gewohnter Art auf den gequälten Zuhörer herabprasseln lässt ist folgendes:

* Jesus wurde am 25. Dezember geboren: falsch, Begründung steht oben
* Jesus wurde von einer Jungfrau geboren: jein. Die Jungfrauengeburt kennen nur Matthäus und Lukas, beide aus theologischen Gründen. Selbst Paulus spricht von Jesus als von einer Frau geboren (Galater 4,4). Der Glaube an die Jungfrauengeburt kam erst allmählich zur Entfaltung, als Teil der entstehenden Christologie.
* Jesus wurde in Bethlehem geboren. Ja, aber nicht weil es so war, sondern weil es so sein musste: nach dem Alten Testament war der Messias aus dem Hause Davids. Der stammte nun mal aus Bethlehem. Der echte Jesus ist aus Nazareth und ziemlich sicher auch dort geboren. Auch hier gab es also theologische Gründe für die Verlagerung des Geburtsortes.
* Ein Stern im Osten zeigt seine Geburt an. Was hätte Matthäus der Nachwelt nicht alles ersparen können, wenn er diese Räuberpistole nicht in sein Evangelium geschrieben hätte! Es dient zum Beweis der Messianität Jesu (Selbst der Sternenhimmel enthält die Botschaft seiner Geburt!) und ist der Anfang der Geschichte, wie der in Bethlehem geborene Messias nach Nazareth kommt: Die Weisen hatten Herodes von der Geburt eines neuen Königs erzählt → Der bekannt grausame und unbeliebte Herrscher lässt daraufhin alle Kinder in Bethlehem abmurksen, aber Maria und Joseph konnten, weil ja von Gott gewarnt, nach Ägypten fliehen. → Als sie Jahre später zurück nach Israel gehen, siedeln sie sich in Nazareth an: Jesus von Nazareth ist also eingentlich Jesus von Bethlehem! Für einen mäßig interessanten Fernsehfilm würde es heute noch reichen, zu mehr aber nicht.
* Er lehrt mit 12 im Tempel. Diese Geschichte stammt von Lukas, der die Sache mit dem Geburtsort über die bekannte Volkszählung „gelöst“ hat. Die selbstverständlich nie statt gefunden hat. Dass Jesus im Tempel lehrt, ist nur ein weiterer Hinweis auf seine Messianität: eine in die Geschichten hineingelegte Christologie.
* Mit 30 wird Jesus getauft. Als Schätzung kann man die Zahl durchgehen lassen, aber eine biblische Quelle gibt es dafür nicht. Dass Jesus tatsächlich getauft wurde, ist ziemlich sicher. Wohingegen die angeblichen Taufen der Götter, die im Film behauptet werden, nur das sind: angebliche Taufen!
* Jesus schart 12 Jünger um sich. Warum gerade 12? Ein Blick in die Geschichte Israels, bzw. in das Alte Testament hätte bei den Autoren Wunder wirken können. Die 12-Zahl ist die Anzahl der sog. Stämme Israels. Auch in der damaligen apokalyptischen Literatur hatte sie eine hervorgehobene Stellung. Jesus beruft seine Jünger als Begründer der 12 Stämme des neuen Israels, des Reiches Gottes.
* Jetzt huschen noch einmal mehrere der christologischen Hoheitstitel über den Schirm. Keiner von diesen ist je zu Lebzeiten auf Jesus angewandt oder gar von ihm selbst verwendet worden. Gesichert ist lediglich, dass er sich als „Sohn des Menschen“ bezeichnet hat. Das ist jedoch „nur“ die wortgetreue Übersetzung der aramäischen Form für „Mensch“. Ob er diese Bezeichnung also besonders herausstrich, oder ob die Evangelisten selbige „mit Bedeutung aufgeladen haben“, wissen wir nicht.
* Jesus wurde verraten. Ist wohl korrekt. Sonst hätten es die ersten Christen nicht kolportiert. Die Motive des Judas liegen jedoch im Dunkel. Da er Zelot war, ist es möglich, dass er Jesus und seine Jünger zu einem gewaltsamen Angriff auf den Tempel provozieren wollte. Aber das ist alles Spekulation. Die Bibel hat natürlich beim Thema „Verräter“ dick aufgetragen und kein gutes Haar an dieser tragischen Figur gelassen.
* Jesus starb am Kreuz. Wenn eines im Leben Jesu unstreitig ist, dann dies. Sieht man einmal von den viel späteren Geschichten ab, dass er überlebt habe und mit Maria Magdalena später in Frieden gelebt habe. Solche Kolportagen haben allerdings Null Wahrheitsgehalt: reine Spekulation. Fakt ist, er wurde gekreuzigt, und da niemand diese Folter überlebte, sicher auch er nicht.
* Auferstehung nach drei Tagen. Wobei ich anfügen möchte, dass es nach unserem Sprachgebrauch „am dritten Tage“ heißen müsste. Nach drei Tagen, wäre bei uns nicht der Sonntag, sondern der Montag. Aber das nur am Rande. Die Auferstehung ist der Kern des urchristlichen Bekenntnisses. Es ist keine philosophische Erkenntnis oder sonst irgendein theologisches „Fündlein“, sondern die Christen meinten dies von Anfang an ernst. Greifbar ist freilich aus historischer Sicht nur die Tatsache, dass die einstigen Jüngerinnen und Jünger Jesu nach einiger Zeit (wann wissen wir nicht!) anfingen zu behaupten, Jesus sei auferstanden und er sei der Messias, griechisch. Christus, der Gesalbte des Herrn. Bis zum Bekenntnis, dass Jesus der Sohn Gottes sei, dass er ohne Sünde geboren wurde, dass er eins mit dem Vater und dem Hl. Geist sei, bis zu diesen essentiellen Lehren des Christentums war es noch ein weiter Weg.
Was wirklich am dritten Tag geschah, wer wann und wie am Grab war (hier widersprechen sich die Evangelien ganz entschieden!), ob Visionen und Auditionen dazu gehörten und warum: dies alles entzieht sich unserer Kenntnis. Die Auferstehung ist der Punkt, wo historisch-kritische Faktenkenntnis und christliches Bekenntnis am heftigsten aufeinander prallen. So wird es wohl auch in Zukunft keine Lösung dieses Antagonismus geben. Von solchen Überlegungen wissen jedoch die Zeitgeistler, die so ganz ohne Geist durch die Religionsgeschichte wüten, absolut nichts.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen