Dienstag, 15. November 2011

vom UNSINN "Zeitgeist" - Teil 6

Horusbehauptungen




1. Horus sei am 25. Dezember geboren

Zunächst einmal ein kleiner Ausflug in den ägyptischen Kalender: Ausgangspunkt dieses Sonnenkalenders waren die jährlichen Nilüberschwemmungen einerseits und die 70-tägige Unsichtbarkeit des Sirius andererseits. Das ist schier das einzig gesicherte darüber. Wann er eingeführt wurde und wo, ob in Ober- oder Unterägypten ist unter Ägyptologen umstritten. Neujahr war auf jeden Fall der Beginn der Nilschwemme (vermutlich am 22./23 Juni). Ein Schalttag zur besseren Synchronisation des Kalenders mit dem tatsächlichen Sonnenjahr wurde erst 237 v.C. Unter Ptolemaios III. eingeführt, setzte sich aber lange Zeit nicht durch.
Dass also der Geburtstag des Horus mit unserem 25. Dezember zusammenfiel ist unwahrscheinlich. Ein Kalender damals war lange nicht das exakte Regelwerk, das wir heute darunter verstehen.

Ja selbst wenn die Geburt des Horus an unserem 25. Dezember gefeiert wurde, ist es nur eine Analogie zu unserem späteren Weihnachtsfest. Dieses Datum kommt überhaupt nicht in der Bibel vor, sondern erst später bei den Kirchenvätern: „Erstmalig wird der 25. Dezember ausdrücklich von Furius Dionysius Filocalus in seinem Chronograph von 354 genannt, der auf römischen Quellen aus dem Jahre 336 beruht.“ Auf jeden Fall wurde dieses Datum nicht von den Evangelisten erfunden, oder gar von der Hagiographie des Horus abgekupfert.

Der 25. Dezember wird hauptsächlich in den Westkirchen als Christfest begangen, viele Ostkirchen feiern bis heute die Geburt Jesu am 6. Januar (bei uns Epiphanias/ Hl. 3 Könige). Die vor allem in Ägypten lebenden koptischen Christen feiern die Geburt Christi erst am 7. Januar! Warum haben sie gerade nicht die angebliche Horus-Tradition übernommen? Die Macher der Films wissen entweder nichts davon, oder sie lassen es wohlweislich unter den Tisch fallen, weil es ihrer Argumentation komplett widerspricht.



2. Er ist von einer Jungfrau geboren


Fragt sich nur von welcher? „In der Mythologie um Osiris ist er der Sohn des Osiris und der Isis. Aber auch Hathor (übersetzt mit: Haus des Horus) wurde als seine Mutter angesehen.“ Und wenn man Isis als Mutter annimmt, ist eine Jungfrauengeburt auch nicht zwingend. Im Gegenteil: „The late form of the legend goes on to say that Isis fanned the body with her feathers, and produced air, and that at length she caused the inert members of Osiris to move, and drew from him his essence, wherefrom she produced her child Horus.“
Dabei dürfte es sich in den Vorstellungen der Ägypter wohl ziemlich sicher um den Samen halten.
Also auch nichts mit einer „Jungfrauengeburt“.


3. Sterne aus dem Osten verkündeten seine Geburt
4. Anbetung durch Könige aus dem Osten
5. Mit 12 als Lehrer tätig
6. Mit 30 von Anubis getauft
7. Er scharte 12 Jünger um sich
8. Wunder gewirkt
9. Über’s Wasser gelaufen
10. Christologische Titel (Lamm Gottes, Hirte …)
11. Verraten und gekreuzigt
12. 3 Tage tot
13. wieder auferstanden

Bei diesen Punkten habe ich ein Problem, nein viele Probleme. Es gibt keinerlei Belege außerhalb der hermetisch-esoterischen und okkultistischen Welt. Nirgends irgendetwas. Kein Archäologe, kein Ägyptologe, kein Historiker diskutiert nur im Entferntesten diese Behauptungen. Sie sind allesamt aus den Fingern gesogen, sie sind schlicht falsch, oder um es noch drastischer zu sagen: sie sind erstunken und erlogen!

Keiner der im Film genannten Punkte außer vielleicht der, dass Horus Wunder gewirkt hat (Äh. Machen das nicht alle Götter?), keiner dieser Punkte findet nur einen nachprüfbaren und ernsthaften Beleg.




Kann es sein, dass diese Punkte darum im Film im Schnelldurchlauf, als Verbal-Stakkato auf den Zuschauer niederprasseln, so dass er gar nicht mehr gedanklich mitkommen kann?

In einem beispiellosen Schnelldurchlauf
werden im Anschluss 4 antike Götter verhandelt mit Daten und Eigenschaften versehen, die, wen wundert’s es noch, keiner ernsthaften Überprüfung standhalten.
Im einzelnen sind dies:




Attis aus Griechenland, 12. Jhd vor Christus

Außer den Motiven „Jüngling“ , „gewaltsamer Tod“ – allerdings nicht durch Kreuzigung, sondern durch Selbstentmannung (!)- und schließlich die „Auferweckung“ gibt Attis rein gar nichts her.
Allerdings ist auch seine „Auferweckung“ sehr speziell: entweder sie geschieht durch Kybele oder durch Zeus, entweder komplett, oder nur die weiter wachsenden Haare und der kleine Finger(!) leben weiter!

Purer Unfug also. Zudem war 1200 v.C. Attis noch eine Gottheit rein phrygischen Ursprungs. Er stammt aus der heutigen Türkei und wurde erst viel später in die griechische Mythologie eingebaut. Wie ich schon in meinen beiden ersten Teilen sagte: antike Mythologie ist nie etwas statisches, nie festgeschrieben ein für allemal, sondern immer im Fluss, widerspiegelt die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnisse der jeweiligen Zeit. Davon wissen jedoch die Macher des Zeitgeistmovie nichts.


Krishna aus Indien, 9. Jhd v.C.


Entweder liegen dem Film komplett andere Hl. Schriften der Inder vor, oder sie müssen sich das Blut inzwischen komplett aus den Fingern gesogen haben, um diese Dürftigkeiten zu produzieren. Ich überlasse es an dieser Stelle dem geneigten Leser, hier einmal selbst zu erkunden, was von den steilen Thesen stimmt: nämlich nichts. Als Einstieg ist die Wikipedia gut geeignet.


Dionysos, Griechenland, 5. Jhd v.C.


Dionysos der alte Schwerenöter, der Gott des Weines, der Ausschweifung, des „Hier und Jetzt“ als Blaupause für Jesus? Das ist so als würde man sagen, die Dramen Shakespeares sind die Vorlagen für den Quatsch Comedy Club!

[einzige Verbindung zwischen Jesus und ihm ist das Weinfest der alten Römer, auf das sich Jesu Wunder der Verwandlung von Wasser zu Wein ableiten soll. Der damit verfolgte Zweck ist wohl einzig und allein, dass die katholische Kirche ihr heiliges Gedenkfest jenes Jesuwunders ganz zufällig auf den Tag des Heidnischen Weinfestes legten... um so mal wieder einen Kult zu adaptieren der ihnen nicht gehört!]


Mithras, Persien, 12. Jhd v.C.

Der ist allerdings in Persien schon 200 Jahre früher belegt und möglicherweise identisch mit dem altindischen Mitra. Ursprünglich als „Gott des Vertrags“ angerufen, bekam er erst viel später die Mythologie „verpasst“, auf die der Film augenscheinlich verweist: den spätrömischen Mithraskult, der in etwa zeitgleich mit dem Christentum entstand. (Wobei die Zeit von 100 v.C. Bis 200 n.C. Sehr fruchtbar war für neue Kulte und Religionen, wie z.B. dem so vielfältigen Gnostizismus.)
Eine erste urkundliche Erwähnung erfuhr er Ende des 1. Jhd. n.C. Bei Statius. Rein phänomenologisch gibt es Parallelen zwischen Christentum und Mithraismus, wie weit diese aber auch inhaltlich sind, lässt sich nicht (mehr) sagen: im Gegensatz zum Christentum hat der Mithraskult keine schriftlichen Werke hinterlassen. Man ist allein auf die bildlichen Darstellungen, die dürftigen Bildunterschriften und die Erwähnungen bei anderen antiken Autoren angewiesen. Dies macht, dass alle Aussagen über diesen Mysterienkult höchst spekulativ sind. Ob nun der 25. Dezember zum „Geburtstagsfest“ für den Christus wurde, weil da auch Mithras als „sol invictus“ gefeiert wurde, oder ob sich dieses Datum als sinniges Bild des Sieges des Lichtes über die Dunkelheit quasi aufdrängte, lässt sich heute nicht mehr entscheiden. Wer wie die Zeitgeistmovie-Macher behauptet, er habe eindeutige Antworten, verkennt die Quellenlage, die labilen Machtverhältnisse und den soziokulturellen Umbruch, der zwischen 200 und 400 nach Christus stattfand.



Auf den 25. Dezember wird im Film regelrecht „herumgeritten“. Verwiesen wird auf tatsächliche, aber meist doch nur ers(p)onnene Parallelen zu den Festen anderer Götter.  
Da antike Götter in einem hohen Maße Götter der Jahreszeiten waren, Götter von Aussaat, Wachstum, Fruchtbarkeit und Ernte, ist es nicht verwunderlich dass die Wechsel der Jahreszeiten eine nicht unerhebliche Rolle spielten: die Tage um den 25. März für den Frühling, die Zeit der Aussaat, die Tage um den 25. Juni als „Hoch“-Zeit aller Sonnengottheiten, die um den 25. September als Zeit der Ernte und schließlich die um den 25. Dezember als Ende des Niedergangs der Sonnengötter und ihres erneuten „Erwachens“ ihrer „Auferstehung“.
Das müsste also eigentlich jedem klar sein. Nur der Film macht aus dieser Banalität ein Riesen-Bohei.


„Das Geburtsdatum Jesu wird im Neuen Testament nicht genannt und war schon den Urchristen unbekannt. Doch bereits im 2. Jahrhundert ist ein wachsendes Interesse daran feststellbar. Dabei spielte das Frühlingsäquinoktium am 25. März eine besondere Rolle. Für dieses nahm man den ersten Schöpfungstag und den Tag des Kreuzestodes Christi an. Der vor 221 schreibende Julius Africanus bezeichnete den 25. März als Datum seiner Passion als auch seiner Empfängnis, was bei einer exakt neunmonatigen Schwangerschaft Marias zu einem Geburtstag am 25. Dezember führen würde.“
DAS ist die älteste Quelle, in der sich die Christenheit mit dem Datum der Geburt ihres Stifters beschäftigt.

Der Wikipedia-Artikel behandelt noch ausführlich, dass in der alten Kirche, ja besonders in Palästina (!) unterschiedliche Geburtstage des Messias gefeiert wurden! Mal wieder entpuppt sich eine angebliche Beweiskette des Films als so reißfest wie eine Spinnwebe.

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