Dienstag, 17. Januar 2012

Die kleinen Sünden im Vatikan

Der Vatikan - oberste Schaltstelle der katholischen Kirche. Doch nach eigenem Ermessen weit mehr als das: Vertreter und Sprachrohr GOTTES auf Erden. Unfehlbare und (angeblich) Einzige Leitstelle für absolute Wahrheiten und gottgefälliges Verhalten!

Dementsprechend auch die Richtlinien, die regelmäßig von dort zu hören sind.
Kondomverbot, kein Sex vor der Ehe, Fastenregeln, Enthaltsamkeit, Moral.
Dass jedoch der Vatikan selbst nicht an seine Weisungen bzw deren Wichtigkeit zu glauben scheint, das beweist wieder einmal der folgende Artikel:

Schönborns "perfekte Sklavin"

oder: warum christlich geführte Verlage keine Pornos verkaufen sollten.


Schönborns "perfekte Sklavin"


Wenn Kardinal Schönborn zur Feder greift, ist er zumeist sehr präzis. Als Redaktionssekretär des „Katechismus der Katholischen Kirche" formulierte er zum Thema Pornografie, dass es sich um eine „Quelle unerlaubten Profits" handle. „Sie ist eine schwere Verfehlung". Daher verlangt die Kirche sogar: „Die Staatsgewalt hat die Herstellung und Verbreitung pornographischer Materialien zu verhindern."

Damals war er noch nicht Erzbischof von Wien, und nicht - wie heute - mit den kirchlichen Beteiligungen Profiteur dieses Geschäftsfeldes. Beim kürzlich erschienen Jugendkatechismus Youcat legte er in der Formulierung sogar nach: „Pornografie ist eine Abart der Prostitution ... Händler sind gleichermaßen an dieser schweren Verfehlung gegen die Liebe und die Menschenwürde beteiligt." Hat sich Schönborn zwischenzeitlich nie erkundigt, wie es in seinem Verantwortungsbereich aussieht?

Letzte Woche gab DER STANDARD Nachilfe: Gibt man im Suchfeld von dombuchhandlung.at (33% im kirchlichen Eigentum) den Begriff „Porno" ein, findet sich alles, was der Katechismus verboten hat. Nicht nur in Buchform. Auch DVDs werden feilgeboten. Wird bestellt, schneidet die Kirche mit und schöpft aus der „Quelle unerlaubten Profits". Warum bleibt da der Kardinal untätig? Wo doch davon auszugehen ist, dass der umsichtige diözesane Justiziar Dr. Erich Ehn Klauseln in die Dombuchhandlungsverträge aufgenommen hat, wonach die Geschäfte dem Ansehen der Kirche nicht schaden dürfen. Das tut er nämlich immer.

Vor einer ähnlichen Situation steht die kirchliche Weltbildgruppe in Deutschland. Nach eigenen Angaben fallen dort 0,017 Prozent der verkauften Ware in die verbotene Kategorie. Freilich: Wenn man die Verfehlung so schwerwiegend sieht, dass sogar nach dem Staat gerufen wird, muss es eine Null-Toleranz gelten. Solange man nicht zu Schluss kommt, dass auch in der kirchlichen Ehevorbereitung ein wenig Kamasutra-Schulung nicht von Nachteil wäre und den Katechismus etwas entschärft, bleibt nichts anderes übrig, als klare Konsequenzen zu ziehen.

Der Weltbild- Geschäftsführer Carel Halff hält den von den deutschen Bischöfen angestrebten Verkauf der Handelsgruppe daher für „folgerichtig". Das ist er streng genommen auch wieder nicht. Aufgabe wäre es, nimmt man Schönborns Doktrin ernst, auch diese 0,017 Prozent zu unterbinden. Durch einen anderen Betreiber ließe man nämlich das Verteufelte fortbestehen - und würdet aus dem Verkauf noch einmal einen unerlaubten Profit ziehen. Ein Verkaufsprozess kann zudem Jahre dauern. In dieser Zeit bestünde weiterhin die Mitwirkung am „schmutzigen Milliardengeschäft mit dem Sex" (Zitat Youcat). Für den neuen Aufsichtsratschef, den Münchner Generalvikar Peter Beer, herrscht so gesehen eigentlich Gefahr in Verzug - täglich.

Dabei haben die Weltbildmanager teilweise umsichtiger gehandelt und mehr Vorkehrungen getroffen, schmuddelige Bereiche auszuschließen, als Schönborns Truppe. Gibt man nämlich bei weltbild.de im Suchfeld den Begriff „Porno" ein gibt es Null Treffer. Zum Vergleich: Auch die im kirchlichen Einflussbereich stehende österreichische styriabooks.at schafft es, dieses Schlagwort auszufiltern. Die Dombuchhandlung kommt aber auf 288 Treffer. Das sind sogar um 80 Angebote mehr als das österreichische Buchhandels-Flaggschiff morawa-buch.at anpreist.

Ein ähnliches Bild ergibt der Suchbegriff „Sadomaso":
Dombuchhandlung.at: 28 Treffer,
Morawa-Buch.at: 20 Treffer,
Weltbild.de: 0Treffer
Styriabooks.at: 0 Treffer. 

In dieser Kategorie bietet übrigens die Dombuchhandlung das Buch mit dem aufschlussreichen Titel „Perfekte Sklavin" an. Das Cover wird hier in Einhaltung der Verbotsrichtlinien des Weltkatechismus nicht wiedergegeben. Nur so viel: Das Werk wird u.a. noch den Schlagworten „Erniedrigung", „Geiselung" und „Sünde" zugeordnet.
Die Suche nach diesem Titel ist auf Weltbild wieder vergeblich. Es liegt also nicht nur am Schlagwortfilter, sondern am Sortiment (das dort, wie erwähnt, trotz der Einschränkungen nicht frei von Sex-Sellern ist). Die intelligente Software von Weltbild gibt allerdings Alternativvorschläge. Auf Platz 1 steht anstelle der nicht vorhanden perfekten Sklavin: „Eine fast perfekte Ehe."
Bleibt die Frage: Was drängt die deutschen Bischöfe zum Verkauf von Weltbild, wenn Katechismus-Autor Schönborn gleichzeitig viel freizügiger ist?


Der STANDART ist ein Projekt von Wolfgang Bergmann, Magister der Theologie (kath.), 1988-1996 Pressesprecher der Caritas, 1996-1999 Kommunikationsdirektor der Erzdiözese Wien und Gründungsgeschäftsführer von Radio Stephansdom. Seit 2000 Geschäftsführer DER STANDARD. 2010 erschien sein Romanerstling: "Die kleinere Sünde" (Czernin-Verlag) zum Thema Missbrauch in der Kirche

die Seite verfolgt einen Reformfreundlichen Kurs in Sachen Glaubensgrundsätze und Vatikan und versucht damit zu retten was von der Grundidee her kaum zu retten ist: die katholische Religion.
Inwieweit der Autor sich von Glauben und einstigen Projekten distanziert ist uns nicht bekannt - ebenso wenig wie bewusst ihm die sozialen Mängel bei Caritas und Co vor Augen stehen und welche Position er zu seinem damaligen Amt vertritt.

Positiv auf jeden Fall zu vermerken:
die Seite berichtet objektiv und doch recht offen von der Welt - neben allerlei Gesellschaftskritik finden sich auch Berichte von Europäern die in Indien buddhistischen Klöstern beigetreten sind.



Dieser Einblick in die Welt der von Kirche und mehr oder weniger direkter Religion beherrschten Welt der Verlagsgruppen soll nur Anregung zum selber forschen sein.
Weder weiß ich was die kirchlichen Besitzer mit ihren Verkaufserlösen machen, noch werde ich Verbote alá "kauft nicht beim Juden" aussprechen. Sichtbar aber wird:

die Kirchen haben Kapital.
An vielen vielen Orten

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